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Die PISA- und OECD-Studien zeigen, dass Sprache großen Einfluss auf die Bildungschancen von Kindern hat. Die Sprachentwicklung von Kindern mit Migrationshintergrund ist in Deutschland eines der am häufigsten genannten Probleme in der bildungspolitischen Diskussion. Viele Kinder kommen mit geringen Deutschkenntnissen in den Kindergarten. Wie reagieren die pädagogischen Fachkräfte darauf? Wie reagiert der Kindergarten auf die Mehrsprachigkeit der Kinder? Wie reagieren die Kinder auf die einsprachigen Kindergärten? Kann man die Familiensprachen der Kinder im Kindergarten sehen und hören?
Serap Sıkcan beleuchtet Mechanismen von Ausgrenzung entlang der Sprachen. Sie plädiert für eine sprachenfreundliche Lernumgebung im Kindergarten, die alle Kinder in ihren sprachlichen Fähigkeiten unterstützt und sie zu Sprachbildungsprozessen herausfordert.


Sprache als Schlüssel zur Welt

Alle Kinder bringen von Geburt an das Potenzial mit, sprechen zu lernen. Sie möchten kommunizieren – mit Worten, Blicken, Mimik, Berührungen. Und sie verlangen – unabhängig von ihrer sozialen und kulturellen Herkunft – nach sprachlicher Anregung durch die Erwachsenen in ihrer Umgebung.

Obwohl alle Kinder diese angeborene Sprachfähigkeit mitbringen, stellt sich die Sprachentwicklung von Migrantenkindern als eines der am häufigsten genannten Probleme in der deutschen bildungspolitischen Diskussion heraus. Mangelnde Deutschkenntnisse der Migrantenkinder werden als Begründung für das Scheitern in der Schule, für schlechte Chancen in der Ausbildung und auf dem Arbeitsmarkt herangezogen. Und nicht zuletzt sind es die Migrantenkinder und ihre Familien selbst, die für das schlechte Abschneiden der deutschen Bildungseinrichtungen im internationalen Vergleich verantwortlich gemacht werden. In der Folge dieser Zuweisungen kommt ein enormer Erwartungsdruck auf die Kindergärten zu, die die »Sprachdefizite« der Kinder ausgleichen sollen.

Derzeit entstehen in Deutschland Tag für Tag neue Konzepte, um Kinder mit Migrationshintergrund und aus sozial benachteiligten Verhältnissen in der deutschen Sprache zu fördern. Bei der Vielzahl an Konzepten verlieren ErzieherInnen leicht den Überblick und haben es schwer, das für die eigene Praxis geeignete Konzept zu finden. Leider nehmen auch nicht alle Förderprogramme Bezug auf die Lebens- und Wissenssituationen der Kinder. So bleiben zum Beispiel Trainingseinheiten, in denen Kinder losgelöst von ihrem Kontext Deutschunterricht erhalten, erfolglos. Auch die wichtige Feststellung, in welchen Bereichen ein Kind sprachliche Unterstützung braucht und in welchen nicht, gelingt nicht immer.

Einigkeit besteht unter PädagogInnen lediglich darin, dass Sprache in dieser Gesellschaft eine hohe Bedeutung hat. Sprache kann Türen zur Welt öffnen, indem sie Zugänge zur Gesellschaft schafft. Wird dies jedoch verwehrt, bleibt auch der Zugang zum sozialen, kulturellen und politischen Leben verschlossen. Mit welchen Zugangsbehinderungen sind mehrsprachige Kinder im Kindergarten konfrontiert?


Mehrsprachige Kinder – einsprachige Kindergärten

Viele Migrantenkinder leben in und mit verschiedenen Sprachen, die selbstverständlich zu ihrem alltäglichen Leben gehören. Viele Kinder schätzen ihre Mehrsprachigkeit als hohe Kompetenz, sie lernen und sprechen gern mehrere Sprachen:
I.: Was ist deine Lieblingssprache?
G. (Junge, acht Jahre): Türkisch. Ich lerne ja Deutsch. Wenn ich auch Französisch und Englisch lerne, dann könnten das auch meine Lieblingssprachen sein. Aber es ist nicht viel Unterschied bei Deutsch und Türkisch. Ich mag auch Deutsch – kein Problem.
I: Wie ist es denn, wenn du etwas singst oder wenn du träumst?
G: In der Schule singen wir ja auf Deutsch. Aber zu Hause hören wir türkische Musik. Ich verstehe alles, auf Deutsch und Türkisch. Also für mich ist das kein Problem.
I: Und in welcher Sprache ist dein Lieblingslied?
G: In Deutsch. Ein Weihnachtslied.
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Auch die meisten Immigranteneltern begrüßen die Mehrsprachigkeit ihrer Kinder. Sie finden die Erstsprache als Verständigungsmittel in der Familie sehr wichtig. Die deutsche Sprache hingegen ermöglicht ihnen die Kommunikation mit anderen Menschen und ist die gemeinsame Sprache in Kindergarten und Schule.

Während die Kinder und ihre Familien sich am Leitbild Mehrsprachigkeit orientieren, zwingen Bildungseinrichtungen wie Kindergarten und Schule nach wie vor unreflektiert zur Einsprachigkeit: In Deutschland wird heute noch vielfach angenommen, dass Mehrsprachigkeit an sich zur geistigen Überforderung der Kinder führe. Einsprachigkeit wird als Normalfall angesehen. Dazu passt das Bildungssystem, das monolingual ausgerichtet ist. Obwohl in manchen Kindergärten bis zu 80 Prozent mehrsprachige Kinder betreut werden, spiegeln sich ihre Spracherfahrungen weder im Tagesablauf, in den Materialien, in der Raumgestaltung, in Gesprächen noch in der Personalstruktur wider.

Obwohl die meisten ErzieherInnen Mehrsprachigkeit als sehr positiv einschätzen, können sie die verschiedenen Sprachen der Kinder nicht mit ihrer Arbeit vereinbaren. Die Not einsprachiger ErzieherInnen in mehrsprachigen Gruppen besteht häufig darin, dass sie sich mit der Aufgabe überfordert sehen, allen Kindern Deutsch beizubringen und sie altersgerecht sprachlich zu fördern. Ihre einsprachigen Angebote funktionieren nicht, wenn die Kinder sie nicht ausreichend verstehen.

Fehlende Deutschkenntnisse sind oft der Grund für schulischen Misserfolg. Das wissen ErzieherInnen, und so entsteht für sie hoher Praxisdruck. Auch Eltern wissen um die Wichtigkeit der deutschen Sprache für die schulischen und beruflichen Perspektiven und erwarten von ErzieherInnen, dass sie den Kindern Deutsch beibringen3. Hinzu kommt, dass die mehrsprachige Erziehung in der Ausbildung nur am Rande zum Thema gemacht wird, so dass ErzieherInnen wenig darüber wissen, wie ein mehrsprachiges Kind sich entwickelt. Schlechte Rahmenbedingungen (Personalmangel, große Kindergruppen) erschweren die Arbeit der ErzieherInnen zusätzlich. Die Gefahr ist allerdings, Kindern und Eltern die Schuld für diese Schwierigkeiten zuzuweisen, statt die Probleme zu benennen, die man selbst mit der Situation hat.

Der monolinguale Habitus der Institution Kindergarten zeigt sich auch darin, dass von »Sprachlosigkeit«, »Halbsprachigkeit«, »Sprachproblemen« der Kinder die Rede ist, wenn mangelnde Deutschkenntnisse gemeint sind. Ein Kind kann geringe Deutschkenntnisse haben, ist aber deswegen nicht »sprachlos«, denn es kann sich in der Erstsprache verständigen.
Aber: Die Kinder werden mit einsprachig aufwachsenden Kindern verglichen, und die einsprachige Entwicklung wird als Maßstab angelegt, demzufolge mehrsprachige Kinder Defizite haben.


Mehrsprachigkeit versus Einsprachigkeit – kein Widerspruch?

Obwohl Eltern die Mehrsprachigkeit begrüßen und der Kindergarten die Einsprachigkeit verlangt, kommt es erstaunlicherweise nicht zu einem Konflikt zwischen beiden Parteien, weil Eltern den Konsens über das Leitbild öffentlicher Einsprachigkeit mittragen. Sie arrangieren sich mit der einsprachig strukturierten Bildungseinrichtung und stellen keine Forderungen nach mehrsprachiger Unterstützung. Als Angehörige der Minderheitenkultur glauben sie nicht daran, dass ihre Forderungen gehört und umgesetzt werden könnten, und beugen sich den Dominanzverhältnissen. Sie akzeptieren, dass die deutsche Sprache in dieser Gesellschaft wichtiger ist als ihre Erstsprachen, um später Zugang zu Ressourcen wie Beruf und Arbeit zu haben. Einige Immigranteneltern melden ihre Kinder sogar ab, wenn in der Kindergruppe mehrere Kinder mit Migrationshintergrund sind. Diese Reaktionen können Folgeerscheinungen eigener Diskriminierungserfahrungen mit einsprachigen Institutionen sein.
Die Pflege der Erstsprache bleibt somit für viele Kinder Privatsache. Sorgen die Eltern nicht systematisch für die Ausbildung der Erstsprache, verkümmert sie.


Mehrsprachigkeit als Sonderkompetenz mit unsicherem Wert

Fühlten sich die Kinder vorher kompetent und selbstbewusst in ihren Sprache(n), verlieren sie dieses Bewusstsein im Kindergarten häufig. Dort erleben sie sich als sprachschwache Kinder, die nicht »richtig« mit der ErzieherIn und den anderen Kindern kommunizieren können.
Über die Sprache erleben viele Kinder Situationen von Ausgrenzung und Diskriminierung, die in einer monolingualen Einrichtung häufig nicht bemerkt werden:
Im Kindergarten: Auf seinen Namen angesprochen, sagt der kleine Fünfjährige bekümmert: »Die sagen immer zu mir ›Febi-Baby – Febi-Baby‹... Dann haue ich die!« Sein Freund, der neben ihm sitzt, pflichtet ihm bei: »Ja, das mache ich auch! Die sagen zu mir ›Uga-Uga-Ugur‹! Dann haue ich die, und wir streiten!«

Auf Nachfragen stellt sich heraus, dass beide Jungen türkische Namen haben, die in der Kita falsch ausgesprochen und auch falsch geschrieben werden. Diese veränderten Namen geben Anlass für Spott und Hänseleien. Vehbi und Ugur setzen sich auf ihre Weise zur Wehr, aber damit ecken sie in der Gruppe an. Und es schützt sie nicht vor der nächsten Hänselei.
Die Erzieherin weiß nichts vom Kummer der beiden. Sie weiß auch nicht, wie man die Namen ausspricht und was sie bedeuten. Vehbis Eltern haben nicht darauf hingewiesen, dass sein Name »Wechbi« ausgesprochen wird und »Geschenk« bedeutet, sie nennen ihn in der Kita selbst »Febi«. Und U?urs Eltern haben nicht erklärt, dass dieser Name »Glück/gutes Omen« bedeutet und dass man das Dächlein über dem g wie ein stummes Kehlen-H ausspricht. Vielleicht hat sie auch niemand danach gefragt.
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Solche Demütigungen tun weh. Manche vergisst man sein ganzes Leben lang nicht.
Sie lassen Kinder ihre Mehrsprachigkeit als eine Sonderkompetenz mit »unsicherem Wert« erleben
5.


Auswirkungen des Zwangs zur Einsprachigkeit

Welche Auswirkungen hat die Einsprachigkeit der Kindergärten für die Bildungsprozesse aller Kinder? Wenn Kinder im Kindergarten nichts finden, woran sie mit ihren sprachlichen Vorerfahrungen anknüpfen können, sind sie zunächst verunsichert und können nicht aktiv am Leben teilnehmen. Sie können ihre vorhandenen sprachlichen Kompetenzen kaum zeigen und sie nicht weiterentwickeln, wenn sie die Botschaft bekommen, dass ihre häusliche Sprache nicht wichtig ist. Viele Kinder stellen sich sehr früh die Frage, ob sie sich zu beiden Sprachkulturen zugehörig fühlen dürfen oder ob sie sich nur für eine entscheiden müssen: »Mama, wie ist das jetzt, ich kann ja jetzt Deutsch, und wenn ich im Kindergarten bin und Deutsch spreche, bin ich dann eine Deutsche?«6

Wird ausschließlich die Sprache der Dominanzkultur im Kindergarten sichtbar und hörbar, zum Beispiel in den Bilderbüchern, in der Ausschilderung, in den Gesprächen und Spielen, dann erleben die mehrsprachigen Kinder eine Abwertung ihrer Familiensprache(n) und ihrer Identität. Sie nehmen sehr früh wahr, dass Sprachen unterschiedlich bewertet werden und erleben Hierarchien zwischen den Sprachen und den Sprechenden: Sie bekommen mit, dass bestimmte Sprachen wie Deutsch oder Englisch begrüßt und wertgeschätzt werden und andere wie Arabisch oder Türkisch eher abgelehnt werden. Sie erleben, dass das Sprechen bestimmter Erstsprachen im Kindergarten verboten wird.

Kindern, deren Erstsprache einer in der Dominanzgesellschaft angesehenen Fremdsprache entspricht (zum Beispiel Englisch), wird durchaus zugetraut, dass sie auch Deutsch lernen können. Bei Kindern mit gesellschaftlich nicht anerkannten Erstsprachen wie zum Beispiel Persisch unterstellt man, dass sie zusätzlich nicht gut Deutsch lernen können. Manche Kinder erleben auch, dass die ErzieherIn mit ihnen und ihren Eltern plötzlich sehr laut und in abgebrochenen Sätzen spricht, als ob sie taub und unfähig wären, sie zu verstehen. Diese vereinfachende Sprechweise der ErzieherIn fordert Kinder nicht, sondern unterfordert sie in ihrer sprachlichen Entwicklung.

Auch Mehrheitskinder bekommen so die Botschaft, dass Sprachen unterschiedlich wertvoll sind. Ihre Sprache erfährt hohe Anerkennung, und sie als Sprecher dieser Sprache fühlen sich ebenfalls anerkannt. Das Risiko dieser einseitigen und unreflektierten Botschaft besteht darin, dass Mehrheitskinder Gefühle von Überlegenheit und Migrantenkinder Gefühle von Unterlegenheit aufbauen, die allen Kindern schaden. So glauben letztendlich alle Kinder, dass Einsprachigkeit mehr zählt als Mehrsprachigkeit – und das in einer globalen Welt, in der Fremdsprachenkenntnisse für den beruflichen Erfolg erwünscht sind.


Eine sprachenfreundliche Lernumgebung schaffen

Die mehrsprachige Mischung von Kindergruppen führt nicht automatisch dazu, dass alle Kinder Deutsch lernen oder sich näher kommen. Letzteres geschieht nur, wenn ErzieherInnen den Kindern die Möglichkeit geben, Sprachenvielfalt aktiv zu erleben. Um sprachliches Handeln bewusst anregen und ermutigen zu können, müssen ErzieherInnen zunächst wissen, welche Entwicklungsstufen einsprachige und mehrsprachige Kinder beim Sprechenlernen durchlaufen. Bei einsprachigen ErzieherInnen bedarf es besonderer Anstrengungen, die mehrsprachigen Entwicklungen von Kindern zu beobachten, sie zu dokumentieren und zu unterstützen.

Im Rahmen der vorurteilsbewussten Bildung und Erziehung im Projekt KINDERWELTEN wird eine Praxis mit ErzieherInnen entwickelt, die die Sprachenvielfalt der Kinder wertschätzt, respektvoll mit ihr umgeht und sie in der Einrichtung sichtbar macht.
Alle ErzieherInnen im Kindergarten reflektieren zunächst ihren persönlichen Bezug zu Sprache(n): Zu welchen Sprachen habe ich Kontakt? Welche Sprache ist mit angenehmen und/oder unangenehmen Erfahrungen verbunden? Was hat mich beim Sprechenlernen ermutigt, was eher entmutigt? Der Austausch über eigene Spracherfahrungen kann für die Erfahrungen der Kinder sensibler machen.

Anschließend stellen sich ErzieherInnen folgende Fragen zur Überprüfung ihrer Arbeit: Welche Sprachen sprechen die Kinder in ihrer Einrichtung? Wo können sie die Familiensprachen aller Kinder im Kindergarten sehen? Begegnen die Kinder unterschiedlichen Schriften und Zeichen? Welche Medien werden im Kindergarten eingesetzt? Finden die Kinder zum Beispiel Bücher in ihrer Familiensprache?7
Nach der Beantwortung dieser Fragen setzen sich ErzieherInnen zum Ziel, alle Sprachen der Kinder in ihre Praxisgestaltung einzubeziehen. Wie tun sie das?

Wenn sie Sprachenvielfalt sichtbar machen:
• mit Namensschildern an Garderoben, Fächern, Waschräumen;
• mit mehrsprachigen Beschilderungen, Geburtstagskalendern, Infobrettern;
• mit mehrsprachigen Willkommensschildern, Einladungsschreiben;
• mit mehrsprachigen Zeitschriften, Bilderbüchern (auch selbstgemachten);
• mit Spielmaterial, das mehrsprachig ist und verschiedene Schriften aufweist;
• mit der Präsenz verschiedener Schriftzeichen.

Wenn sie Sprachenvielfalt hörbar machen:
• mit mehrsprachigen Begrüßungen,
• mit mehrsprachigen Liedern und Spielen,
• mit mehrsprachigen Geschichten und Tonkassetten.

Selbstverständlich können ErzieherInnen nicht die Sprachen aller Kinder lernen, aber wenn sie die Sprachen der Kinder sichtbar, hörbar und verständlich machen, findet jedes Mädchen und jeder Junge Anerkennung und Wertschätzung für seine Ich- und Bezugsgruppenidentität (Ziel 1 der vorurteilsbewussten Arbeit mit Kindern).

Mädchen und Jungen machen die Erfahrung, dass sie und ihre Familien im Kindergarten willkommen sind. Dies stärkt ihr Selbstbewusstsein; sie gewinnen Zutrauen in ihre Fähigkeiten. Auf der Grundlage von Respekt und Anerkennung für sich und ihre Familiensprachen/-kulturen machen sie im nächsten Schritt Erfahrungen mit anderen Sprachen und Schriften und erweitern so ihren Horizont (Ziel 2 der vorurteilsbewussten Arbeit mit Kindern).

Wenn Kinder Selbstvertrauen haben und selbstverständlich mit anderen Menschen und Sprachen umgehen, sich mit Unterschieden wohlfühlen, können sie damit beginnen, kritisch über Vorurteile und Ungerechtigkeiten nachzudenken: »Es ist unfair, wenn du sagst, dass meine Mutter komisch spricht!« (Ziel 3 der vorurteilsbewussten Arbeit mit Kindern)
In Kindergärten, in denen Teams vorurteilsbewusst arbeiten, sind alle Kinder eingeladen, Ungerechtigkeiten zu erkennen und sich gemeinsam gegen sie zur Wehr zu setzen: »Ich spreche nicht komisch. Ich spreche Arabisch, eine Sprache, die du nicht verstehst!« (Ziel 4 der vorurteilsbewussten Arbeit mit Kindern)


Eltern und Erzieherinnen unterstützen sprachliche Bildungsprozesse

Eltern sind Experten für die Sprachentwicklung ihrer Kinder zu Hause. ErzieherInnen sind Expertinnen für die Sprachförderung im Kindergarten. Um Kinder ganzheitlich unterstützen zu können, sind beide Seiten auf das Wissen und die Hilfe der jeweils anderen angewiesen. Eltern können von ErzieherInnen eingeladen werden, das pädagogische Angebot mehrsprachig mitzugestalten, in dem sie zum Beispiel
• eine mehrsprachige Kinderbibliothek einrichten,
• mit den Kindern über die Bedeutungen ihrer Namen sprechen,
• Kinderbücher in ihren Erstsprachen vorlesen,
• mehrsprachige Tonkassetten mit Stimmen der Familienangehörigen aufnehmen,
• mehrsprachige Spiele mit Kindern spielen,
• Geschichten aus ihrem Leben erzählen.

Für viele Kinder ist es toll, die eigenen Eltern in einer anderen Rolle und Tätigkeit im Kindergarten zu erleben. Für die anderen Kinder ist es spannend, ihnen zuzuhören, auch wenn sie nicht jedes Wort verstehen.
ErzieherInnen können Eltern empfehlen, die sprachliche Entwicklung der Kinder zu Hause zu unterstützen, indem sie zum Beispiel vorlesen, Fingerspiele machen, Gespräche vor dem Schlafengehen führen.

Erkennen Mädchen und Jungen eine Verbindung zwischen ihrer häuslichen Kultur und der Kultur im Kindergarten, erleben sie ihnen zugewandte Bezugspersonen, die sich für ihre Beobachtungen und Deutungen der Welt interessieren, die mit ihnen sprechen und ihnen Materialien zur Verfügung stellen, um ihrem Wissensdurst Nahrung zu geben, hilft ihnen das in ihren Bildungsprozessen.
Eltern können die sprachlichen Wurzeln ihrer Kinder stärken, der Kindergarten kann ihnen Flügel verleihen!


2 DJI 2000, S. 103
3 Vgl. Ulich/Oberhuemer/Soltendiek 2001, S. 30
4 Preissing/Wagner 2003, S. 106-107
5 DJI 2000, S. 101
6 Maywald 2003, S. 33
7 Vgl. Das Berliner Bildungsprogramm 2004, S. 61-69


 

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