Als unser Familienzentrum Kita Lichtblick das Angebot erhielt, darüber zu schreiben wie uns Erziehungspartnerschaft gelingt, hatten wir Erklärungsnot. In unserer Einrichtung herrscht ein besonders herzliches Miteinander, zwischen Erwachsenen und Kindern, zwischen Fachkräften und Familien – aber woran liegt das? Wie kommt dieses besondere Klima zustande?

Alex Baring, Kunsttherapeutin, Erzieherin in Teilzeit: »Ich war früher nur einen Tag in der Woche hier, um ein Kunstangebot zu machen. Was ich hier anders empfunden habe als in anderen Einrichtungen ist, dass ich mich immer willkommen gefühlt habe, obwohl ich nur punktuell dazugehörte. Alle sind mit Interesse auf mich zugekommen. Ich habe das Gefühl, ich habe hier sehr viel Austausch.«

Helena Semke, Gruppenleiterin in Vollzeit, U3-Gruppe: »Ich glaube, das Bunte bei uns macht das Offene aus.«

Jutta Lüdenbach, Leiterin: »Das meine ich auch. Die Buntheit bei uns, was Familien, was Kinder, was Personal betrifft. Die Vielfalt macht die besondere Atmosphäre bei uns aus. Die Kita ist mit vielen verschiedenen Leuten gefüllt, das ist eine besondere Leichtigkeit.«

Helena Semke: »Es ist eine andere Art der Dankbarkeit hier. Dankbarkeit untereinander.«

Partnerschaft ist nicht von Anfang an da: Die Partner müssen aufeinander zugehen und in diesem Miteinander wächst Partnerschaft. Die Wurzel der Erziehungspartnerschaft liegt für uns im ersten persönlichen Kontakt.

Zwei unterschiedliche Lebenswelten treffen aufeinander und öffnen sich, um Übergänge zu schaffen. Beide Seiten, Eltern und Kita, müssen zu einer gelingenden Partnerschaft gleichberechtigt beitragen, entsprechend ihrer Möglichkeiten, die ganz unterschiedlich sein können.
 
Unser gemeinschaftlicher Weg mit den Familien beginnt mit dem Aufnahmevertrag. Hier gibt es Zeit zu reden und erste Fragen zu klären. Wir versuchen, Wünsche der Eltern bei der Gruppeneinteilung der Kinder zu berücksichtigen.

Danach vereinbart eine pädagogische Fachkraft aus der Gruppe des jeweiligen Kindes telefonisch einen Termin für einen Hausbesuch.


Die Erzieherin kommt nicht mit leeren Händen in die Familie: Sie bringt ein Geschenk mit, ein kleines Fotobuch, das Bilder der Fachkräfte der Gruppe des Kindes, der Räumlichkeiten und des Tagesablaufs enthält. So hat das Kind etwas in der Hand und kann sich mit dem Neuen, das auf es zukommen wird, vertraut machen. Die Eltern können das Fotobuch weiterführen, mit eigenen Bildern aus ihrer Familie bereichern: Fotos von Mama und Papa, den Geschwistern, dem Lieblingskuscheltier oder dem Familienhund ... was auch immer dem Kind wichtig ist. Zukünftig wird das Fotobuch zwischen Familie und Kita hin- und herwandern, Übergänge erleichtern und Sprachanlässe schaffen, trösten, Vertrautheit schaffen und beide Lebenswelten verbinden.

Beim Hausbesuch lernen Erzieherin, Kind und Eltern einander kennen. Je mehr wir über Gewohnheiten des Kindes sowie seiner Familie erfahren, umso besser können wir auf Wünsche und Bedürfnisse des Kindes und seiner Eltern eingehen. Wenn wir wissen, dass Johan nur vegetarisch isst, während Lilli nur mit Körperkontakt einschläft, können wir uns darauf einstellen.

Frau Hay Hossein, Mutter von zwei Kindern: »Es ist so schön: Wenn man reinkommt, wird man herzlich begrüßt. Ich werde gefragt, wie es mir geht. Das ist hier wie eine Familie geworden. In anderen Kitas ist das anders. Mir gefällt zum Beispiel, dass der Hausbesuch so früh stattfindet und nicht erst, wenn das Kind schon in der Kita ist. Da wird sich viel Zeit genommen für den Anfang, auch während der ersten Wochen in der Kita.«

Die ersten Schritte hin zur Erziehungspartnerschaft sind getan: Vertrauen kann sich allmählich aufbauen, da sich die Partner nun kennengelernt haben. Jetzt gilt es, das transparente Miteinander, die wertschätzende, respektvolle Kommunikation zu pflegen, um das gegenseitige Vertrauen zu intensivieren. Eine große Bedeutung hat hier die Reflexion gemeinsam mit den Eltern in einem Elterngespräch über diese ersten Schritte.
 
Der Grundstein zur Erziehungspartnerschaft ist gelegt. Transparenz und regelmäßige Reflexion werden sich wie ein ro-ter Faden durch die Kitajahre des Kindes ziehen.

Leitung, Integrationskräfte und langjährige Mitarbeiterinnen leben die wertschätzende Haltung vor, sodass das gesamte Team in diese Haltung hineinwachsen kann, die geprägt ist von einer Offenheit gegenüber allen Familienkonstellationen und Familiengeschichten: Vater-Mutter-Familien, Regenbogeneltern, Alleinerziehende, Eltern und Kinder mit internationaler Geschichte, Großelternfamilien, Familien mit Kindern mit besonderen Bedürfnissen … Familie ist für uns jeder, der einem Kind eine Heimat gibt und ihm den Boden bereitet, aufzuwachsen.

Die Familienkonstellationen und -situationen werden im Team besprochen, alle Teammitglieder werden über Hintergründe informiert und aufgeklärt, so können keine falschen Bilder im Kopf entstehen und keine Missverständnisse aufkommen.
 
Der regelmäßige Austausch im Team ist für uns von eminenter Bedeutung. Hier gibt es Raum, auch einmal Unmut zu äußern, zu diskutieren, sich mit einem Thema auseinanderzusetzen und für sich etwas zu klären. Und alle Gespräche bleiben in diesem Raum, denn jeder ist sich der Schweigepflicht bewusst.



Den vollständigen Beitrag können Sie in unserer Ausgabe Betrifft KINDER 01-02/16 lesen.



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